Konzept

Jahresprogramm: Mehr als Bit und Pixel. Kunst im Zeichen der Digitalität

Das „digitale Zeitalter“, das „digital age“, ist spätestens seit den 1990er Jahren in aller Munde. Diese Ausdrücke sind offensichtlich gängige Etiketten für die Bezeichnung des Wandels unserer Gesellschaft zur Informationsgesellschaft, für die Verbreitung von Computer und Internet. Landläufig wird unter dem häufig herangezogenen Begriff „digital“ etwas verstanden, das am Computer entstanden ist oder verarbeitet wird. Die gängige Sprachpraxis zeigt, dass Digitalität meist an die elektronische Übertragbarkeit von Signalen gekoppelt wird. Der etymologische Ursprung des Wortes (von lat. digitus = Finger) legt bereits nahe, dass digitale Medien schon seit Jahrtausenden existieren. Ein frühes Beispiele für ein digitales – in diesem Fall sogar binäres – Medium ist das Leuchtfeuer, das zwei unterschiedliche Zustände zur Verfügung stellt, um Information zu transportieren: on oder off. Es brennt oder es brennt nicht. Es wäre demnach legitim zu sagen, das digitale Zeitalter habe bereits vor tausenden von Jahren begonnen und die gängige Verwendung des Ausdrucks sei somit unpassend und irreführend. Digitalität ist nicht nur Bit und Pixel.

Wie in unserem Alltag nimmt „Digitalität“ auch in der Kunst eine immer bedeutendere Rolle ein. Auch hier wird meist dann von Digitalität gesprochen, wenn es um Strategien, Praktiken und Arbeiten geht, die mit Computerprogrammen in Zusammenhang stehen. Dass dieses Verständnis jedoch zu kurz greift, um den Begriff und das Phänomen „Digitaität“ zu fassen, zeigt ein genauerer Blick auf die Definition des Begriffs: Digital ist die Darstellung von Information durch Zeichenfolgen, wobei die benutzten Zeichen aus einem vereinbarten, endlichen Inventar, einem Code, stammen und in ihrer Zusammensetzung Sinn erzeugen. Es ist der Code, an dessen Verwendung die Existenz von digitalen Medien notwendigerweise gebunden ist. Ein Code ist eine endliche Menge klar unterschiedener Typen. Der Code „Alphabet“ zum Beispiel besteht aus 26 Buchstabentypen. Typen sind Klassifizierungen, abstrakte Entitäten. Ein Code ist nie – wie Derrida schreibt – „strukturell geheim“. Selbst, wenn wir eine Schriftsprache nicht verstehen, können wir den dahinter liegenden Code, also das Alphabet, herausfinden und ihn wiedergeben. Bei der gesprochenen Sprache hingegen existiert ein solcher Code nicht, sie ist analog. Die Struktur einer oralen Sprache herausfinden, heißt, diese Sprache zu verstehen. Ohne jedes Verstehen des Geäußerten sind die wahrgenommenen Laute nur Geräusch. Digitalität hat demnach nicht nur mit dem Medium und der inneren Struktur der Dinge zu tun, sondern hängt auch von der Rezeption und ihren Möglichkeiten ab. Diese Erkenntnisse gelten in ihrer Übertragung ebenso für Kunst.

In diesem Sinne muss Digitalität folglich auch in der Kunst verstanden werden. Ziel des FAK Jahresprogramms 2017 ist es, diesem Verständnis Rechnung zu tragen und auf die Spur zu gehen. Was ist digitale Kunst? Welche Möglichkeiten bieten sich künstlerisch strategisch und -praktisch, damit umzugehen? Wie können wir als Rezipienten damit umgehen? Welche Erkenntnisse lassen sich gewinnen? Diesen wichtigen Fragen unserer Zeit, des „digital age“, wollen wir als Kuratoren-Team in vier Ausstellungen nachgehen.